- 22.08.2017, 11:52
#508858
Hallo Uli,
ja, das mache ich gerne. Zuerst muss man wissen, dass jede Belastung einen Werkstoff schädigt, auch wenn man sich das bei Stahl meist kaum vorstellen kann. Nimmt man eine Büroklammer und biegt die hin und her, bricht auch das Metall nach einer Anzahl von Zyklen. Wenn man sich das vorstellen kann, versteht man auch den Rest.
Ich wähle eine Brücke als Beispiel. Diese wird immer belastet, wenn ein Fahrzeug hinüber fährt. Die Brücke wird belastet und wieder entlastet. Dadurch biegt sich die Brücke durch und wieder zurück. Ähnlich der Feder. Aktuell an der Leverkusener Brücke zu erleben.
Eine neue Brücke kann dabei mehr reine PKW (leicht) Überfahrten ertragen, wie die gleiche Brücke an schweren LKW. Wenn aber beide Fahrzeugtypen (leicht und schwer) gleichzeitig über die Brücke fahren, lebt die Brücke kürzer als wenn nur PKW fahren und länger als bei reinen LKW Überfahrten. Das ist also eine zyklische Belastung mit unterschiedlichen Belastungen.
Um dennoch zu sagen, wann die Brücke Ermüdungsrisse zeigt gibt es verschieden Theorien (u.a. Palmgen Meiner) um die Schädigung des einzelen Zyklus an der Gesamtschädigung zu bestimmen. Immer wenn 100% Schädigung erreicht ist (Schadenssumme =1) ist das Bauteil kaputt. Jetzt summiert man die einzelnen Schädigungsanteile im Verhältnis zur spezifischen Gesamtschädigung auf und bei 1 (=100%) ist die Zeitfestigkeit erreicht.
jetzt zur Feder:
Wenn du dir bei der Feder jetzt eine ruhige Straßenfahrt und ruppige Geländefahrt vorstellst, weißt du was eine unterschiedliche Belastung ist. Der Feder sieht man aber nicht an, ob sie schon x-tausend mal im Gelände hart eingefedert ist, oder die gleiche Anzahl sanfter Straßenstöße hinter sich hat. Sie sieht immer gleich aus, hat aber eine unterschiedliche Schädigung schon erreicht.
Jetzt kannst du das Material Rekritallisationsglühen und der innere Aufbau wird sich ändern. Danach muss die Feder wieder vergütet werden. Viele Federdrähte sind kaltgezogen und haben schon eine Festikkeit durch Pastifizierung. Die kannst du durch eine Wärmebahandlung nicht mehr weiderherstellen.
Was wir jetzt nicht berücksichtigt haben sind Kerben und Oberflächenfehler. Diese sind beliebte Stellen für Anrisse. Dann sinkt natürlich rapide unsere ertragbare Lastspielzahl (die immer an eine Belastung oder ein Belastungskollektiv gekoppelt ist). Das könnte man berücksichtigen, in dem man mit Anpassungsfaktoren rechnet (Abschwächung von Materialkennwerten oder Erhöhung auf der Belastungsseite).
Daher ist es auch sehr wichtig, wenn man Federn strahlt, kein scharfkantiges Strahlgut (daher nur arrondiertes Drahtkorn) zu verwenden. Gekerbte Bauteile mit mechanischen Kerben (z.B. mit der Säge abgerutscht), metallurgische Kerben (Fehler in der Kristallstruktur) oder struturelle Kerben (aufgeschweißte Rippen, Steifigkeitssprünge durch schroffe Übergänge) sind für ein dynamisch belastetes Bauteil schwer zu berechnen und nie von Vorteil.
War das verständlich? Federn sind leider komplizierter als sie ausssehen.
Bei dem Beispiel von Hannes ist nur der Drahtdurchmesser bekannt, aber nichts zur Geschichten der Federn. Abgesehen von weiteren Systemeinflussgrößen wie Gummilager, Stoßdämpfer, Rad-reifenkombination etc. Schon der reine Vergleich der des bauteils Feder ist schwierig. Es gibt zu viele Parameter die wir nicht kennen.
Gruß
Markus
Zuletzt geändert von mhame am 22.08.2017, 16:44, insgesamt 1-mal geändert.
Gruß
Markus
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